Schwerpunkt: Bau digital: BIM – Building Information Modeling

28.06.2022
Bei Bauprojekten sind viele Fachleute aus unterschiedlichen Branchen und Gewerken beteiligt. Um Fehler, Verzögerungen und zusätzliche Kosten zu vermeiden, müssen alle Abläufe und Arbeitsschritte exakt aufeinander abgestimmt sein. BIM – Building Information Modeling ist eine digitale Methode, die genau das ermöglicht. In diesem Schwerpunkt erfahren Sie, warum BIM in Zukunft eine immer wichtigere Rolle im Bauwesen spielen wird, in welchen Berufen mit BIM gearbeitet wird und welche Aus- und Weiterbildungen es gibt.

Was ist BIM?

Übersichtsgrafik zu BIM: Das Wort BIM steht im Zentrum eines Kreises, der aus den Begriffen Design, Errichtung und Betrieb geformt ist. In einem äußeren Kreis sind folgende Begriffe angeordnet: Entwurfsplanung, Vorfertigung, Termin- und Kostenplanung, Baustelle und Logistik, Betrieb und Instandhaltung, Umbau/Entsorgung, Ausführungsplanung, Dokumentation, Simulation und Analyse

BIM – Building Information Modeling ist eine softwaregestützte Methode zur Abwicklung und Dokumentation sämtlicher Phasen eines Bauprojekts. Alle Schritte von der Planungsphase bis zum Betrieb werden zentral verwaltet. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Vernetzung aller beteiligten Personen und Unternehmen.

Zuerst digital planen, dann real bauen: Ein Modell für den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks

Vor der Errichtung des Bauwerks wird ein digitales Modell angefertigt, das alle wichtigen Daten zum Projekt enthält: von der Planung über den eigentlichen Bau bis zum späteren Betrieb. In diesem intelligenten virtuellen 3D-Modell können z.B. alle bautechnischen Daten, Termine und Kosten, Eigenschaften von Materialien und Baustoffen bis zu Gerätetypen, Betriebsanleitungen und Wartungspläne erfasst werden. Selbst kleinste Details, wie z.B. Fliesen oder Armaturen, können dargestellt und berechnet werden, noch bevor der Grundstein für ein Gebäude gesetzt ist. Das Modell ermöglicht es auch, unterschiedliche Ausführungsvarianten zu entwickeln und zu vergleichen – inklusive der Auswirkungen auf nachfolgende Abläufe. Das spart Zeit und Kosten.

Bestens vernetzt und immer am aktuellen Stand

Alle am Projekt Beteiligten – vom Architekturbüro über das Bauunternehmen bis zum Facility Management – haben Zugriff auf dasselbe digitale Modell und können Informationen und Daten beisteuern und einsehen. Sämtliche Informationen werden über definierte Formate und eine standardisierte Terminologie ausgetauscht. Durch die digitale Vernetzung werden Abläufe transparenter und effizienter, alle Beteiligten sind zu jeder Zeit am aktuellen Stand.

Praktische Anwendungsbeispiele

BIM ist vielseitig einsetzbar. Einige Beispiele sind 3D-Visualisierungen, Simulationen von Bauarbeiten, virtuelle Besichtigungen von Baustellen, Anpassungen von Bauplänen, Prognosen zur Entwicklung von Kosten bis zur Berechnung der Energiekosten im späteren Betrieb.

Welche Vorteile bringt der Einsatz von BIM?

Symbolgrafik: Der Begriff BIM steht im Zentrum eines Kreises in Form eines Zahnrads. Um den Kreis sind folgende Illustrationen angeordnet: Kran, Taschenrechner, Gabelschlüssel, Laptop, Hochhaus sowie ein Mann mit Warnweste und Helm, der ein Tablet in der Hand hält.

© iStock.com/Mono

Vor allem bei großen Bauprojekten kommt es immer wieder vor, dass Kosten überschritten oder Zeitpläne überzogen werden. Häufige Gründe für diese Probleme sind bei der herkömmlichen Planung Missverständnisse in der Kommunikation, fehlender Informationsaustausch und unzureichende Dokumentation wichtiger Daten. Der Einsatz von BIM kann diese Probleme reduzieren und bietet viele Vorteile, z.B.:

  • Orts- und zeitunabhängige Zusammenarbeit aller Beteiligten durch Zugriff auf eine gemeinsame Datenquelle
  • Optimierter Informationsfluss und -austausch durch Vernetzung aller Fachbereiche
  • Detaillierte Dokumentation des gesamten Projekts
  • Mehr Planungssicherheit, Genauigkeit und Transparenz
  • Reduktion von Fehlern in der Planung und Ausführung
  • Kosteneinsparungen, Effizienz- und Qualitätssteigerung
  • Mehr Flexibilität (z.B. bei nachträglichen Änderungen)
  • Mehr Genauigkeit bei der Umsetzung von Vorschriften und Normen
  • Einbindung von Virtual Reality und Augmented Reality ermöglicht eine "digitale Begehung" des Bauwerks

Wer verwendet BIM?

Symbolgrafik: Auf einer Fläche sind verschiedene grafische Elemente angeordnet: Laptop mit Hochhaus am Bildschirm, errichtetes Hochhaus, Terminplan, Lupe, Taschenrechner, Server, Tablet, Akten, Diagramme, Zahnrad mit dem Begriff BIM sowie Personen in Anzug und Arbeitskleidung

© iStock.com/Mono

Die BIM-Methode kann für Bauwerke aller Art eingesetzt werden, vom Einfamilienhaus über Bürogebäude, Schulen, Veranstaltungshallen, Krankenhäuser bis zu Schienen- und Straßenbauprojekten.

BIM kann von allen Projektbeteiligten angewendet werden, beispielsweise insbesondere …

Ein Beispiel: Eine Architektin ändert auf Wunsch des Bauherren nachträglich die Maße für die Fenster eines geplanten Bürogebäudes, weshalb ein anderer Fenstertyp als ursprünglich geplant eingebaut werden muss. Die neuen Fenster verfügen über eine Dreifachverglasung und somit über eine bessere Wärmedämmung. Sobald die Architektin diese Information in das Modell eingibt, werden die Bauteilliste und die Kalkulation automatisch aktualisiert, sodass der Bauleiter zeitgleich über die Änderung informiert ist. Darüber hinaus können bereits jetzt die Einsparungen der späteren Energiekosten berechnet werden. Wenn später einmal ein Fenster ausgetauscht werden muss, kann der Facility Manager über das BIM-Modell das Fenster eindeutig identifizieren und den Austausch rasch veranlassen. [

Neue BIM-Berufsbilder

Durch den Einsatz von BIM entstehen auch neue Berufsbilder, wie z.B. BIM-ModelliererIn, BIM-ProjektmanagerIn oder BIM-KoordinatorIn, die für die Planung, Umsetzung und Überwachung des gesamten BIM-Prozesses zuständig sind.

BIM wird noch nicht überall eingesetzt

Derzeit wird BIM in Österreich vor allem von größeren Unternehmen genutzt sowie insbesondere bei öffentlich ausgeschriebenen Bauprojekten eingesetzt – allerdings noch nicht flächendeckend. In manchen Ländern wie Großbritannien oder in Skandinavien muss BIM bereits verpflichtend bei öffentlichen Projekten eingesetzt werden. In Österreich ist die Verwendung von BIM für öffentliche Bauvorhaben noch nicht gesetzlich vorgeschrieben. Die Digitalisierung im Bauwesen schreitet jedoch auch hierzulande weiterhin voran, weshalb BIM-Kenntnisse auf dem Arbeitsmarkt zunehmend gefragt sind.

TIPP: Informationen zu Softwarelösungen, Standards und Normen für den Einsatz von BIM finden Sie auf der Website von Austrian Standards.]

Aus der Praxis: BIM wird noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt

Porträtfoto Georg Hanstein

Georg Hanstein, Foto: © ZAB

Ing. Georg Hanstein, Leiter der Abteilung "Digitalisierung und Innovation" der ZUKUNFTSAGENTUR BAU, hat es sich zur Aufgabe gemacht, der Baubranche aufzuzeigen, dass durch den Einsatz von digitalen Hilfsmitteln, mit einfachen Schritten Prozesse optimiert und dadurch die Wirtschaftlichkeit erhöht werden kann. Im Kurzinterview erzählt er, warum das Potenzial von BIM in Österreich noch zu wenig genutzt wird und in welchen Bereichen hingegen die Methode bereits eingesetzt wird.

Wie schätzen Sie die Bedeutung von BIM für die österreichische Baubranche ein?
Derzeit wird dem Thema BIM in der Bauwirtschaft vom Auftraggeber bis zum Auftragnehmer noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Der Grund dafür sind die vielen unterschiedlichen Projektbeteiligten am Bau. Ein kollaboratives Zusammenarbeiten würde heute schon sehr viele Vorteile bringen, daher muss das Zusammenspiel und die digitale Vernetzung im gesamten Bauprozess mit allen Projektbeteiligten vom Auftraggeber bis zum Auftragnehmer gefördert werden. Sämtliche aktuellen Informationen stehen jederzeit und jedem in dem zentralen Gebäudemodell zur Verfügung, dadurch werden Unklarheiten und Fehler minimiert und die Abhängigkeiten der einzelnen Gewerke und Termine klar ersichtlich.

Für welche Berufe rund um das Bauwesen ist BIM besonders relevant?

Die derzeit hohen Fachkompetenzen der Berufsbilder am Bau bleiben weiterhin bestehen, aber die Tätigkeiten werden durch ein zentrales BIM-Modell (digitaler Zwilling), in welches sämtliche Informationen eingetragen werden, minimiert. BIM kann daher durchgängig bei sämtlichen Projektphasen vom Erstentwurf bis hin zum Rückbau in allen Berufen unterstützen. Aktuell wird BIM bei der Errichtung von Großprojekten schon implementiert aber noch nicht durchgängig im gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes eingesetzt. [

Welche Voraussetzungen und Qualifikationen sind erforderlich, um BIM anwenden zu können?

BIM ist eine Arbeitsmethode, wodurch ein gemeinschaftliches Zusammenarbeiten sämtlicher am Bau beteiligten Personen angestrebt wird. Es muss daher nicht nur erlernt, sondern auch trainiert und weiterentwickelt werden. Je nachdem, welche Rolle im Bauprojekt betrachtet wird, sind andere Kompetenzen notwendig. So muss die Planung zum Beispiel in 3D modellieren können, die ausführenden Firmen hingegen die Verknüpfungen zu den Kosten und Terminen herstellen können. Unser MSc-BIM Studienlehrgang an der BAUAkademie OÖ in Kooperation mit der Universität für Weiterbildung Krems behandelt das Thema BIM in allen Projektphasen. Die Betriebe, die ganzheitlich mit BIM arbeiten, eignen sich diese Kompetenzen hauptsächlich durch Pilotprojekte an.

Informationen zu den Projekten der ZUKUNFTSAGENTUR BAU sowie zum MSc-Studiengang BIM – Building Information Modeling finden Sie unter:

www.zukunft-bau.at
www.msc-bim.at
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Wie verändert die Digitalisierung das Bauwesen?

Eine Frau in Schutzkleidung und mit Schutzhelm bedient auf einer Baustelle ein Tablet. Im Hintergrund ist ein Kran zu sehen.

© iStock.com/AndreyPopov

Ob digitale Vermessung, Baustoffe aus dem 3D-Drucker, Bauroboter auf der Baustelle oder der Einsatz von Tablets statt Papierplänen: Digitale Tools verändern Arbeitsabläufe und erfordern Bereitschaft zur Weiterbildung sowie Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Technologien. Der Einsatz von BIM kann darüber hinaus Änderungen in der Aufgaben- und Organisationsstruktur mit sich bringen, da mehr Teamarbeit und Zusammenarbeit aller Beteiligten erforderlich ist und ein breiteres Wissen sowie Grundverständnis für die Tätigkeiten und Aufgaben anderer Branchen und Fachbereiche entwickelt werden sollte. Diese ganzheitliche Herangehensweise kann für alle Beteiligten Vorteile bringen.

TIPP:  Wie sich neue Technologien auf den Baubereich auswirken und welche Potenziale durch die Digitalisierung entstehen, können Sie in einem ausführlichen Interview, das im Rahmen der New-Skills-Gespräche des AMS mit DI Anton Rieder, Geschäftsführer des Bauunternehmens RIEDERBAU geführt wurde, hier (PDF) lesen.

Welche BIM-Ausbildungen gibt es?

Auf einem Papier-Bauplan liegen eine Computer-Maus und ein Tablet. Auf dem Display ist das Wort BIM sowie eine Baustelle mit Kran zu sehen.

© iStock.com/Francesco Scatena

Auf dem Aus- und Weiterbildungsmarkt werden unterschiedliche Schulungen, Ausbildungen und Zertifizierungen für die Arbeit mit BIM angeboten, z.B.:

Zugangsvoraussetzungen sind meist eine abgeschlossene Ausbildung in den Bereichen Bau- und Baunebengewerbe, Architektur, Planung, Immobilien, Haustechnik oder Facility Management.

TIPP: In der AMS-Weiterbildungsdatenbank finden Sie viele weitere Kurse und Schulungen rund um den Baubereich.

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